Julikrise 1914

Julikrise 1914
Julikrise 1914
 
Während deutsche und österreichische Generalstäbler bereits Pläne für einen Präventivkrieg gegen Russland entwarfen, argumentierte die Reichsregierung, ein rascher und erfolgreicher Schlag Österreichs würde Russland die Entscheidung zuschieben, nach der österreichischen Strafaktion selbst mobil zu machen oder Serbien seinem Schicksal zu überlassen. Würde jedoch Russland wegen Serbien einen großen Krieg auslösen, würde es von der Weltöffentlichkeit als Verursacher angeklagt werden. In diesem Falle hoffte man in Berlin, die Zustimmung der deutschen Sozialdemokraten zum Verteidigungskrieg zu gewinnen und zugleich Russland von seinen Verbündeten zu trennen.
 
Das österreichische Ultimatum an Serbien aber wurde erst nach einiger Verzögerung am 23. Juli 1914 in Belgrad übergeben. Es war auf 48 Stunden befristet und enthielt einige nahezu unannehmbare Forderungen. So wurde eine rigorose Strafverfolgung der Verschwörer und ihrer Hintermänner verlangt und die Beteiligung österreichischer Dienststellen an den Untersuchungen gefordert. In Wien rechnete man mit der Ablehnung des Ultimatums. Aber am 25. Juli erkannte Serbien die Forderungen weitgehend an, und die Kriegsgefahr schien gebannt. Doch die österreichische Regierung erklärte die Antwort für nicht ausreichend, brach noch am selben Tag die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab und begann mit der Mobilmachung.
 
Obwohl der britische Außenminister zur Vermittlung eine Botschafterkonferenz vorschlug und der deutsche Außenminister direkte Verhandlungen zwischen Wien und St. Petersburg anregte, erklärte die österreichische Regierung am 28. Juli Serbien den Krieg. Während Russland am 30. Juli die Generalmobilmachung anordnete, sicherte der deutsche Generalstabschef den österreichischen Militärs volle Unterstützung zu und drängte nun auch die Reichsregierung zu schnellen Entscheidungen, um den Aufmarsch der Armeen rechtzeitig einleiten zu können. So erfolgte am 1. August nach einem unbeantwortet gebliebenen Ultimatum die deutsche Kriegserklärung an Russland.
 
Da die Reichsregierung auf eine Anfrage in Paris nach der Haltung Frankreichs in dem deutsch-russischen Konflikt keine befriedigende Antwort erhielt, erklärte sie am 3. August auch Frankreich den Krieg. Der Schlieffenplan sah den Durchmarsch deutscher Armeen durch Belgien zur schnellen Entscheidung in Frankreich vor. Mit der Verletzung der belgischen Neutralität aber provozierten Reichsregierung und Heeresleitung den Kriegseintritt Großbritanniens. Am 4. August wurde die Londoner Kriegserklärung in Berlin übergeben. In den am Krieg beteiligten Staaten wurde der Kriegsbeginn zunächst begeistert aufgenommen. Das Bündnis der Mittelmächte (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, später auch das Osmanische Reich und Bulgarien) und die Staaten der Entente (Frankreich, Großbritannien, Russland, später auch die USA) standen sich hochgerüstet gegenüber. Italien und Rumänien, die deutschen Bündnispartner, blieben zunächst neutral.

Universal-Lexikon. 2012.

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